Gemeinsam mit rund 300 weiteren Talenten hatten die Preisträger*innen auf die Fragestellung „Im Schreiben tauschen Tote und Lebende höflich die Plätze. Oder: Kann man dem Tod die kalte Schulter zeigen?“ des WORTMELDUNGEN-Literaturpreisträgers 2019, Thomas Stangl, geantwortet. Eine fünfköpfige Jury hatte sich Ende Oktober mit der Begründung „(…) ihre Protagonist*innen setzen sich fabulierend über das Ende hinweg, erweisen sich als Menschenfreunde oder erkennen einfach an, dass Sterben mit dem Leben beginnt, wir jeden Tag viele Mikrotode sterben.“ für die drei Gewinnertexte entschieden.
„Sie alle feiern, dass der Tod eine Schippe schwingt, von der zu springen in Sprache, Phantasie und Haltung bis zum Ende immer gelingen wird, – und das hat etwas sehr Tröstliches“, leitete Sandra Poppe, WORTMELDUNGEN-Projektreferentin bei der Crespo Foundation, die lange Lesenacht ein. Neben den drei Preisträger*innen lasen auch sechs der Shortlist-Autor*innen aus ihren Texten: Thomas Empl, Annina Haab, Nils Langhans, Rudi Nuss, Caroline Weigele und Tabea Zeltner. Der Moderator und Autor Florian Werner führte durch den Abend. Von den Absolvent*innen des Studiojahr Schauspiel 2018/19 wurden Lieder aus ihrem Repertoire zum Thema Leben und Sterben präsentiert wie Schuberts Der Leiermann oder The End von The Doors. Das Studiojahr Schauspiel wird ebenfalls von der Crespo Foundation gefördert.
„Ich glaube, dass die Auseinandersetzung mit dem Tod nicht erst mit einem gewissen Alter beginnt. Im Gegenteil: Ich glaube, dass schon Kinder mit 8 oder 9 Jahren sich damit auseinandersetzen!“ antwortete Thomas Stangl auf die Frage des Moderators Werner, ob er Sorge gehabt habe, dass das Thema Altern, Sterben und Tod junge Menschen eventuell nicht anspreche. Aber vielleicht gäbe es auch eine gewisse Affinität der Wiener zu diesem Thema, ergänzte Stangl leise. Vielleicht, sei es aber auch einfach nur Zufall.
Den ersten der insgesamt drei Förderpreise bekam der in Tübingen geborene Luca Manuel Kieser für seinen Text „Von einer, die aus Namen ein Geheimnis macht. Rumpelstilzchen? Oder: Die Höhle“ von Jurymitglied Christoph Schröder überreicht. „Wenn man so ein großes Thema gestellt bekommt, lädt es dazu ein, eine so lange Überschrift zu wählen“, begründete Kieser den Titel seines „experimentellen, literarischen Porträts“.
Die in Wien lebende und sich selbst als Feministin bezeichnende Katherina Braschel bekam den Förderpreis für ihren Text „ICD-10 – F63.9“ verliehen – eine detaillierte Gegenüberstellung von Lebendigkeit und Verfall des menschlichen Körpers. „Ein Text, der allzu deutlich macht, dass wir leben, indem wir verfallen“, begründete Angela Zakiris, Lektorin für den DuMont Buchverlag und Jurymitglied, die Entscheidung.
Der dritte Förderpreis schließlich ging an Jana Krüger für „weiterweg“, eine Erzählung, die das Thema Sterben von Migrant*innen im Mittelmeer und die Seenotrettung aufgreift. Der Text speist sich aus Krügers persönlichen Erfahrungen als Mitarbeiterin einer NGO auf Malta sowie ihrer Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Wilmersdorf. „Man kommt mit dem Schreiben nicht wirklich an das Erlebte heran, aber man tastet sich irgendwie vor!“, so Krüger.
Die nächste Ausschreibung zum WORTMELDUNGEN-Förderpreis erfolgt Anfang April 2020; die Preisverleihung findet im kommenden November statt.
ÜBER WORTMELDUNGEN
Der Literaturpreis für kritische Kurztexte wird von der Crespo Foundation ausgelobt. Der Literaturpreis ist mit 35.000 Euro dotiert und wird jährlich für herausragende literarische Kurztexte verliehen, die in der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen den Nerv der Zeit treffen. Der mit 15.000 Euro dotierte Förderpreis soll junge Autor*innen motivieren, sich mit dem Thema des Gewinner*innentextes auseinanderzusetzen und eine eigene literarische Position zu formulieren.
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Foto: Jessi Schäfer